Herkunft und Verbreitung der Familie Bultmann

‍ a) Eydelstedt - Kirchspiel Barnstorf bei Diepholz

Unsere Vorfahren mit dem Nachnamen Bultmann stammen ur-sprünglich aus Eydelstedt, einer kleinen Landgemeinde in der Nähe von Diepholz. Dort ist im Landschatzregister der Graf-schaft Diepholz im Jahr 1562 ein  Borchert in den Bülten nach-weisbar.

Zur Besonderheit unserer Familie gehört, dass dieser  Borchert in den Bülten gar nicht zur Vaterlinie der heutigen Bultmanns gehört. Der Name Bultmann, der sich aus in den Bülten nach 1600 gebildet hatte, wurde weitervererbt, obwohl der Brinksitzer Hinrich Bultmann 1729 ohne männlichen Erben starb. Seine Tochter und Anerbin Beke Maria ehelichte  Hinrich Wolting oder Wohlking aus dem benachbarten Donstorf, der bei der Einheirat auf den Hof Bultmann - wie damals in Niedersachsen üblich - den Namen des Hofes annahm. Aber schon der Vater von Hinrich Wohlking hatte auf einen anderen Hof, den Wohlkinghof in Donstorf, eingeheiratet. Sein eigentlicher Na-me war Johann Harm Aufurth . Er stammte vom Vollmeierhof Aufurth in Düste. Hier hat also unsere Vater-linie ihren Ursprung, so dass wir ei-gentlich  Aufurth hätten heißen müssen.

Bis 1845 ist der Bultmann-Hof von unserer Familie als Brinksitzerhof außerhalb der geschlossenen Ort-schaft bewirtschaftet worden. Der letzte Eydelstedter Bultmann, Jo-hann Hinrich, folgte als alter Mann seinen beiden Söhnen, die bereits 1830 bzw. 1836 ausgewandert wa-ren, nach Amerika. Für 1700 Thaler Courant verkaufte er den Hof an den Zimmermann und Müller Bernhard Heinrich Detering (1805-1885), ver-ließ mit seiner Frau und seiner Tochter an Bord der Bremer Bark "Leontine" Europa, betrat am 13. Dezember 1845 in New Orleans amerikanischen Boden und begab sich von dort auf den weiten Weg nach Ohio.

Heino Hartmann, der als erster die Ursprünge unserer Familie in Eydelstedt erforscht hat, lokalisiert den ehemaligen Bultmann-Hof an einer Stelle außerhalb des geschlossenen Dorfes, an der bis heute der Überrest einer Windmühle steht. Diese Mühle ist in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vom Stellnachfolger Bernhard Heinrich Detering erbaut worden. Die isolierte Lage des ehemaligen Bultmannschen Brinksitzerhofes ist bis heute erhalten. 

Vor wenigen Jahren aber sind durch den Eydelstedter Heimat-forscher Ulrich Aumann Zweifel an der Hartmannschen Lokali-sation des Hofes geäußert worden. Er hält es für möglich, dass sich der Hof neben dem ehemaligen Häuslingshaus, das von Hin-rich Bultmann 1716 wohl als Altenteilerhaus erbaut worden ist, befunden hat. Dieses ehemalige Häuslingshaus ist das einzige Gebäude, das vom Bultmann-Hof in Eydelstedt bis heute über-lebt hat. 

Foto: Fritz Bultmann, 2004

An dieser Stelle in Eydelstedt soll sich laut Hartmann der Brinksitzerhof Bultmann gelegen haben. Aus einer Flurkarte geht hervor, dass hier 1873 eine Windmühle eingemessen worden ist, die demnach vom Stellnachfolger Detering stammen muss.

Von dieser Mühle ist heute nur noch der untere Teil erhalten. 

Weitergehende Informationen zu Eydelstedt, zum Bultmann-Hof,  zur Auswanderung und Stellnachfolge:

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b) Vahr - Kirchspiel Horn (Bremen)

Etwas mehr als ein halbes Jahrhundert vor der Auswanderung der letzten Eydelstedter Bultmanns hatte es Friedrich Hinrich Bultmann, den zweitgeborenen Sohn der oben erwähnten Beke Maria Bultmann, in den damals hannöverschen Teil der Vahr bei Bremen verschlagen. Aktenkundig wurde er dort im Jahr 1782 durch seine Eheschließung mit Anna Elisabeth Lindhorn aus Hin-nebek bei Schwanewede. Fünf Jahre später ersteigerte er in der Vahr Ländereien, genauer gesagt: einen der schmalen, aber lan-gen Streifenhufen, die bereits im frühen 12. Jahrhundert ent-standen waren, als holländische Siedler mit Einverständnis des Bremer Erzbischofs Friedrich begannen, das später nach ihnen benannte  damals noch sumpfige Hollerland zwischen Wümme und Weser urbar zu machen. Diese Streifenhufen haben bis Mit-te des 20. Jahrhunderts das Aussehen der Vahr und der anderen Hollerdörfer bestimmt. Auf einem solchen errichtete Friedrich Hinrich Bultmann einen neuen Hof, der einer von nur vier freien Höfen in der Vahr war. Alle anderen großen Höfe wurden nach Meierrecht bewirtschaftet.

Vier nachfolgende Generationen sind auf diesem Hof aufge-wachsen. Von der letzten waren die Jüngsten noch im Kindesal-ter, als der letzte Hofbesitzer, mein Großvater Friedrich Adelbert Bultmann, an einer fortschreitenden Lähmung erkrankte, die bald dazu führte, dass er den Hof nicht mehr bewirtschaften konnte. Da die potentiellen Hoferben noch Kinder waren, musste mein Großvater den Hof und die Ländereien verkaufen.  

Die Hofbesitzer

Friedrich Hinrich Bultmann (1749-1813)

Warner Bultmann (1783-1844), 

einziger Sohn von Friedrich Hinrich

Hinrich Bultmann (1809-1882), 

ältester Sohn von Warner

Friedrich Adelbert Bultmann (1849-1912), 

dritter Sohn von Hinrich

1908 verließ er mit seiner Familie den Hof und die Vahr. Damit war nicht nur die 126-jährige Geschichte der Familie Bultmann in der Vahr beendet, sondern auch deren über Jahrhunderte ge-wachsene bäuerliche Tradition.

Mit dem Verkauf ging auch das Anerbenrecht verloren, so dass nach dem Tod des letzten Hofbesitzers der finanzielle Erlös gleichmäßig auf alle Erben verteilt wurde. Damit gab es für den potentiellen Anerben später keine Möglichkeit mehr, aus eige-nen Mitteln einen gleichwertigen Hof zu erwerben. Zu einem Trauma wuchs sich bis in die Enkelgeneration aus, dass der größ-te Teil des Besitzes, der aus Bank- und Hypothekeneinlagen be-stand, 1923 während der Inflation vollständig seinen Wert ver-lor. Damit hatte sich der ehemals so stattliche Hofbesitz zum größten Teil in nichts aufgelöst.

Kurzgefasste Übersichten zur Feldmark Vahr und ihrer Besiedelung finden Sie hier:

Die Entwicklung des Bultmann-Hofes in der Vahr wird in folgenden Kapiteln dargestellt:


Generation 4

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c) Bremen und Oldenburg (Oldb) etc.

Der Hof konnte nur von einer Person, dem Anerben oder der An-erbin, übernommen werden. Doch was wurde aus den anderen Nachkommen der Besitzer des Vahrster Hofes und wo blieben sie?

Zwei blieben in der Landwirtschaft und heirateten in andere Hö-fe ein, waren dabei aber nicht vom Glück begünstigt:

Georg Hinrich Bultmann (1815-1847) starb keine zwei Jahre nach Übernahme einer Meierstelle in Bremen-Schwachhausen. Sein einziger Sohn wurde Bäcker (noch während meiner Schul-zeit in Bremen gab es dort das "Bultmann-Brot").

Werner Bultmann  (1842-1907), ältester Bruder meines Groß-vaters Friedrich Adelbert, geriet an einen unleidlichen, tyranni-schen Schwiegervater, so dass er dessen Achterdieker Hof zu-sammen mit seiner Familie bald entnervt verließ und eine Milch-handlung mit Milchviehhaltung am "Schwarzen Meer" in Bremen eröffnete. Das Achterdiek-Erbe hat er erst ein Jahr vor seinem Tod antreten können.

Mehrere machten eine kaufmännische Lehre und führten Ge-schäfte in Bremen und Umgebung:

Werner B . (1817-1863) wurde ein sogenannter Detaillist und Krameramtsgenosse. Zwei seiner Söhne wanderten aus, darun-ter  Joachim Werner B . (1850-1899), der als Kaufmann nach Pu-erto Rico (Karibik) ging und zum deutschen Vize-Honorarkonsul ernannt wurde. Nachfahren von ihm leben heute in Spanien und Chile.

Hinrich B . (1855-1905), jüngster Bruder meines Großvaters, führte ein eigenes Tabakgeschäft.

Hinrich B. (1872-1924), ältester Sohn des oben erwähnten Wer-ner B., wurde ein selbständiger Kaufmann mit gegensätzlichstem Erfolg. Wirtschaftlicher Zusammenbruch 1924. Suizid.

Friedrich Adelbert B. (1899-1993), Sohn des letzten Hofbesit-zers Friedrich Adelbert, ging nach der kaufmännischen Lehre und der Soldatenzeit an der Westfront im Ersten Weltkrieg zunächst in die Familientradition zurück und lernte Landwirtschaft, stieg dann aber in die Firma seines Zwillingsbruders Hans ein und 

wurde schließlich Schiffseigner.

Hans (Johannes) B . (1899-1985), Sohn des letzten Hofbesitzers Friedrich Adelbert, gründete und führte eine erfolgreiche Kies- und Mörtelfirma.

Mindestens zwei wurden Millionäre:

Lür Bultmann (1845-1935), ein Bruder meines Großvaters, wan-derte zunächst nach Chile aus, gründete dort die Firma Luis Bult-mann & Co. und kam im Salpeterhandel zu soviel Geld, dass er sich bereits 1902 vom Geschäft nach Hamburg und schließlich auf einen herrschaftlichen Ruhesitz nach Aumühle im Sachsen-wald zurückziehen konnte.

Hermann B. (1874-1959), zweitältester Sohn des oben erwähn-ten Werner B., stieg zu einem der führenden Köpfe des Nord-deutschen Lloyd auf, wurde später Aufsichtsratsmitglied in zwei anderen Reedereien und schließlich Aufsichtsratsvorsitzender der Atlas Levante Linie AG.

Und zwei wurden Missionare:

Friedrich B. (1811-1887), Bruder meines Urgroßvaters, war ein Vierteljahrhundert im Dienst der British Church Mission Society in Sierra Leone (Westafrika) tätig. Anschließend lebte er in Ol-denburg (Oldb), der Heimat seiner dritten Frau. Dort waren auch die zahlreichen Kinder des Ehepaares erzogen worden. Unter den Nachkommen gibt es eine große Zahl von Pastoren und meh-rere Theologieprofessoren, darunter Rudolf Bultmann (1884 - 1976), einer der bedeutendsten Theologen des 20. Jahrhunderts.

Lüer B. (1819-1847), der jüngste Bruder von Friedrich und mei-nem Urgroßvater Hinrich, ist so etwas wie eine tragische Gestalt, denn er starb nach langer Ausbildungszeit bereits wenige Tage  nach seiner Ankunft in Afrika (Gabun) an Malaria.

Die Töchter heirateten alle nach Bremen. Von ihnen sei hier  Adelheid (*1862), eine Cousine meines Großvaters, erwähnt, deren Sohn Albert Bote (1889-1961) ein erfolgreicher Baumwollkaufmann und Bauherr (Kirchenvorstand) von  Unser lieben Frauen in Bremen war. Als Rechnungsführer der Beken-nenden Kirche hat er in Bremen während des Dritten Reiches eine wichtige Rolle gegenüber den Deutschen Christen und dem Nazi-Regime gespielt.


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